Dachdeckerei Dainat – Zeitungsartikel über das Reetdachdecken, Schlei-Bote 09.04.2024
Viele Aufträge, wenig Nachwuchs
KRONSGAARD Besuch auf der Baustelle: Die Dachdecker
Kian Feldkamp (Foto,links) und Ingmar Piel erneuern gemeinsam ein Reetdachhaus in Kronsgaard. Auf das eigene Zuhause Schilfrohr zu setzen, werde immer beliebter. Wie in vielen anderen Gewerben fehlt es aber auch diesem alten Handwerk an nachkommenden Spezialisten, die das Material verarbeiten können.
Die Kunst des Reetdachdeckens
In zweiter Generation betreibt Tobias Dainat die gleichnamige Dachdeckerei in Kronsgaard. Reetdächer waren schon immer ein wichtiger Bestandteil des Firmenportfolios. „So lange ich die Firma kenne, haben wir schon immer Reetdächer gedeckt”, so Dainat. „Heute decken wir in etwa jedes dritte Dach mit Reet.” Eine Handwerkskunst, die man nicht von heute auf morgen lernt. Die Ausbildung alleine reicht dabei nicht, es braucht auch im Anschluss noch Jahre, bis man es wirklich kann. „Rund fünf Jahre würde ich sagen, sind es insgesamt, ehe man so weit ist und die Arbeit beherrscht.”
Geschwungen oder mit harten Kanten
Nur wenige hundert Meter vom Betriebsgelände entfernt sind Reetdachdecker Ingmar Piel und Junggeselle Kian Feldkamp aktuell dabei, ein kleines Ferienhaus neu einzudecken. Piel ist bereits seit 32 Jahren im Unternehmen und hat nie etwas anderes gemacht, als das an Ufern oder an sumpfigen Geländen gewachsene Schilfrohr auf Dächern zu verbauen. Er beherrscht die Arbeit in Perfektion. „Ich selbst bin eher im Bereich der Hartdächer zu Hause”, sagt Geschäftsführer Tobias Dainat. „Was Ingmar Piel täglich macht, geht schon sehr in die Richtung Kunsthandwerk.” Das Reet muss geformt werden, soll an die gewünschten Konturen der Kunden auf dem Dach angepasst werden. Eher rund und geschwungen oder gerade mit harten Kanten.
Reet kommt aus Osteuropa oder China
Mindestens zu zweit, besser noch zu dritt arbeiten die Mitarbeiter auf einer solchen Baustelle. „Im Idealfall steht einer unten und wirft das Material nach oben”, erklärt Dainat. „Zwei Mann schaffen rund 15 Quadratmeter Dachfläche pro Tag.” Hier auf der Baustelle in Kronsgaard werden es insgesamt 1300 Bund sein, ehe das Dach fertig ist. Das Material selbst kommt aus Osteuropa oder gar aus China. „Hier bei uns gibt es einfach nicht genug Reet. Um unserem Qualitätsanspruch gerecht zu werden, sind wir nach vielen Tests hauptsächlich bei Ware aus China gelandet.”
Bis zu zwölf Bundpro Quadratmeter
Zehn bis zwölf Bund pro Quadratmeter brauchen Ingmar Piel und Kian Feldkamp oben auf dem Dach. Ein Bund hat dabei einen
Umfang von rund 20 bis 25 Zentimetern. „Man muss nicht nur das Handwerk beherrschen, sondern auch gut werfen und fangen können”, sagt Piel. „Die einzelnen Bündel werden vom Boden aus mehrere Meter hoch auf das Dach geworfen.” Auf dem Dach legt Piel die bis zu 1,90 Meter langen Bündel, nicht einfach gerade, sondern im Schwung, wegen der Stabilität. Mindestens 30 Zentimeter dick ist so ein Dach. Auch die Mindestdachneigung von rund 45 Grad muss er im Auge behalten. Befestigt werden die Reetbündel mit Drahtschrauben und Stangendraht. „Ich hab jeden Tag aufs Neue Spaß an der Arbeit. Immer nur Reetdächer zu machen, mag eintönig klingen, aber jedes Dach und jedes Objekt sind anders und ich liebe diese Arbeit”,sagt Piel. Kian Feldkamp hat erst vor wenigen Monaten seine Ausbildung abgeschlossen,mit der Fachrichtung Reet. Piel kann seine jahrzehntelange Erfahrung nun an seinen Kollegen weitergeben.
Reetdächer werden immer beliebter
Ein Reetdach ist rund 20 bis 25 Prozent teurer als einHartdach. Dennoch ist die Nachfrage hoch. „Hier in der Region steigt sie sogar, wird immer beliebter”, sagt Tobias Dainat. „Auch wenn Folgekosten wie Versicherungen und der spätere Pflegeaufwand ebenfalls nicht zu vernachlässigen sind.” Um Reetdachdecker zu werden, muss man vor allem gut werfen können.Abhängig von der Qualität des verbauten Reet und der Arbeit der Reetdachdecker soll ein klassisches Reetdach etwa 30 Jahre halten. Im Kronsgaarder Dachdeckerbetrieb könnte man deutlich mehr Reetdächer decken. Was fehlt, ist das Personal, besonders der Nachwuchs. „Das Handwerk hat generell ein Nachwuchsproblem”, so Dainat, „Spezialisierungen wie auf Reet aber noch einmal mehr.” Dainat wünscht sich, dass das Handwerk nach außen wieder attraktiver wird, junge Menschen Interesse an den Berufen haben und auch Verantwortung übernehmen wollen.
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