35. Handwerkerfrühschoppen der Kreishandwerkerschaft Flensburg Stadt und Land

Herausforderungen annehmen – so meistert das Handwerk krisenfest unsichere Zeiten

Blickt das Handwerk zuversichtlich in die Zukunft? Kreishandwerksmeisterin Kathrin Bindbeutel thematisiert in ihrer Festrede eine Fülle von Herausforderungen.

Nicht klagen, sondern anpacken. Das regionale Handwerk ist bekannt für Prinzipientreue und zuversichtliche Haltungen. Gerade in Krisenzeiten bewährt es sich, auf gegebene Auswirkungen angemessen zu reagieren, um Lösungen zu finden und ein besseres Verständnis für perspektivische Ansichten zu erhalten. Es geht darum, Herausforderungen zu identifizieren und klar zu benennen. Um Themen anzusprechen, die für das Handwerk von besonderer Bedeutung sind, hat sich in den vergangenen drei Jahrzehnten der Handwerkerfrühschoppen etabliert. Zahlreiche Repräsentantinnen und Repräsentanten aus der Politik, von Behörden und Verbänden, aus der Wirtschaft und von befreundeten Institutionen und Vereinen folgten Ende Januar erneut einer Einladung der Kreishandwerkerschaft Flensburg Stadt und Land, um im Rahmen eines Neujahrsempfangs den geselligen Austausch zu pflegen.

Gäste aus der Kommunal-, Landes- und Bundespolitik folgten aufmerksam den Worten von Kreishandwerksmeisterin Kathrin Bindbeutel (zw. v. li.). Darunter: Die Bundestagsabgeordnete Petra Nicolaisen, Kreispräsident Walter Behrens (re.) sowie der Landtagsabgeordnete Thomas Jepsen (li.).

Unter dem Titel „Herausforderungen für das Handwerk“ eröffnete Kreishandwerksmeisterin Kathrin Bindbeutel die insgesamt 35. Veranstaltung im Restaurant „Borgerforeningen“. Fünf tonangebende Punkte, so die Festrednerin, nehmen Einfluss auf die Zukunft des Handwerks. Das Gesamtpaket umfasst die konjunkturellen Aussichten, die Energiewende und Fachkräftesicherung, die duale Ausbildung und insbesondere die weitere Zunahme der Bürokratie. Das Handwerk bildet mit kleinen und mittleren Fachbetrieben das Kernstück der deutschen Wirtschaft. Rund 5,7 Millionen Erwerbstätige sind bundesweit im Handwerk tätig. Über 350.000 Lehrlinge erhalten dort eine qualifizierte Ausbildung. Handwerksleistungen werden in allen Lebensbereichen gebraucht. Doch spiegelt sich dies auch in aktuellen Konjunkturumfragen wider? Die Geschäftsumfelder blieben aus Sicht der Handwerksbetriebe im dritten Quartal 2023 insgesamt noch stabil. Gestützt durch die in den Vorjahren aufgebauten Auftragsbestände. Gut 48 Prozent der Handwerksbetriebe meldeten tendenziell eine gute Geschäftslage. Die zukünftigen Geschäftserwartungen sind aber deutlich eingetrübt: „Für das Jahr 2024 ist die Umsatzentwicklung nur mit großen Unsicherheiten zu prognostizieren. Ein Sorgenkind ist aktuell vor allem der private Wohnungsbau“, erklärt Kathrin Bindbeutel. Hoffnungsvollere Aussichten verspricht sich das Handwerk hingegen durch die Zielsetzungen in Verbindung mit der Energiewende. Die Fachbetriebe spielen eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung nachhaltiger Lösungen: „Viele von uns haben bereits innovative Ansätze entwickelt, um Energie effizienter zu nutzen und erneuerbare Energien zu integrieren. Doch es ist notwendig, dass wir gemeinsam mit der Politik und weiteren Akteuren daran arbeiten, dass die Energiewende nicht nur auf dem Papier steht, sondern auch praktisch und messbar deutlich mehr Umsetzungskraft erfährt“, sagt die Kreishandwerksmeisterin. Mit der Herausforderung Fachkräftesicherung beschäftigt sich das Handwerk schon seit geraumer Zeit. Es fehlen bereits jetzt bundesweit hunderttausende Mitarbeiter bei gleichzeitig steigendem Bedarf. Mit Investitionen in die Aus- und Weiterbildung will das Handwerk gegensteuern, um zum Beispiel das Qualifikationsniveau der Arbeitskräfte zu erhöhen. „In vielen handwerklichen Berufen sind Frauen zudem noch immer unterrepräsentiert. Hier haben wir das Potenzial sicherlich noch nicht ausgeschöpft“, ergänzt die Kreishandwerksmeisterin. Insgesamt sei es notwendig, so Kathrin Bindbeutel, die Vielfalt und Attraktivität der Handwerksberufe zu betonen: „Nur durch eine kontinuierliche Sicherung der Fachkräfte können wir die Qualität unserer Arbeit aufrechterhalten und somit die Herausforderungen der Zukunft meistern“.

Mit der Fachkräftesicherung eng verbunden ist die duale Ausbildung. Es muss sichergestellt werden, führt die Kreishandwerksmeisterin weiter aus, dass Handwerksberufe die Anerkennung erhalten, die sie verdienen: „Wir brauchen eine echte Gleichwertigkeit zwischen akademischer und beruflicher Bildung. Materiell sowie ideell. Die staatlichen Förderungen müssen für beide Bildungswege gleich und gerecht sein“. Unter den gegebenen Umständen schafft das regionale Handwerk vielerlei Qualifikationsmöglichkeiten im Bereich der beruflichen Bildung. Dazu zählen unter anderem die Berufsvorbereitung, die Berufsorientierung oder ausbildungsbegleitende Hilfen: „Diese Maßnahmen stehen exemplarisch für die umfangreichen Bildungskonzepte der Kreishandwerkerschaft. Wir unterstützen Jugendliche zielgerichtet, um den Weg der betrieblichen Ausbildung mit Erfolg zu absolvieren“, so Kathrin Bindbeutel. Von der Landesregierung erwartet die Kreishandwerksmeisterin eine echte Bildungswende: „Es muss endlich in unserer Gesellschaft ankommen, dass die Arbeit mit der Hand nicht im Gegensatz zur Arbeit mit dem Kopf steht. Um Chancen zu ergreifen, die sich im Handwerk bieten, sollten junge Menschen noch zielgerichteter davon erfahren, was für eine Bandbreite an Optionen bei uns vorhanden ist. Eine Berufsorientierung an allen allgemeinbildenden Schulen kann in diesem Zusammenhang Abhilfe schaffen“. Rechtssicherheit und einheitliche Regelungen sind natürlich auch aus Sicht des Handwerks unerlässlich, um komplexe Gesellschafts- und Wirtschaftsstrukturen zu ordnen und einen rechtsstaatlichen Umgang mit Behörden zu gewährleisten. Doch hat die damit verbundene bürokratische Belastung gerade im Handwerk zwischenzeitlich ein Niveau erreicht, das zahlreiche Fachbetriebe an ihre Grenzen bringt. „Diese Bürokratiepflichten binden Zeit, die für die Erfüllung von Kundenaufträgen genutzt werden könnte“. Eine Umfrage des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks zum Thema „Bürokratiebelastung im Handwerk“ aus dem vergangenen Jahr belegt diese Beurteilung. Für 74 Prozent der Handwerksbetriebe ist der Bürokratieaufwand in den vergangenen fünf Jahren deutlich angestiegen. Fast 60 Prozent der Befragten geben sogar an, dass die Selbstständigkeit infolge der Belastungen unattraktiv geworden ist.